Joumana Seif (mitte) mit Nadja Bungard (li.) und Kathrin Möller (re.), Foto: Paula Panke

Frauenrechtlerin Joumana Seif zu Gast bei Paula Panke

Ein Text von Lilly Haus

Am 14. April durften wir die Juristin, Frauenrechtlerin und Menschenrechtsaktivistin Joumana Seif bei Paula Panke begrüßen. Als rechtliche Beraterin und Mitglied von internationalen Organisationen steht Joumanas Name für demokratische Werte und den Kampf für die Rechte von Frauen . Für ihr langjähriges Engagement im Zeichen der Geschlechtergerechtigkeit wurde sie mit dem diesjährigen Anne-Klein-Frauenpreis der Heinrich-Böll-Stiftung ausgezeichnet.

Entschlossen gegen staatliche und geschlechtsspezifische Gewalt

Joumana hat gemeinsam mit ihren Kolleg*innen des ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights) Rechtsgeschichte geschrieben: Sie machte möglich, dass sexualisierte Gewalt als systematische Kriegswaffe anerkannt wird und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit international geahndet werden kann. Wir haben uns sehr über die Möglichkeit gefreut, mit Joumana ins Gespräch zu kommen und mehr über ihr spannendes Engagement zu lernen.

Geboren 1970 in Damaskus, war Joumana Seif jahrelang als Menschenrechtsaktivistin in der syrischen Demokratiebewegung aktiv. Als die Repressionen gegen sie und ihren zeitweisen inhaftierten Vater immer bedrohlicher wurden, flüchtete sie 2013 nach Berlin. Aus dem erzwungenen Exil heraus setzt sie sich weiterhin für einen demokratischen Wandel und politische und gesellschaftliche Teilhabe von Frauen in einem zukünftigen Syrien ein.

Die Menschen in Syrien nicht vergessen
Im Gespräch stellten wir fest, dass hier in Deutschland die Situation in Syrien mehr und mehr in den Hintergrund rückt, obwohl die Menschen nach wie vor sehr unter dem autoritären und gewalttätigen Regime leiden. Die Preisverleihung der Heinrich-Böll-Stiftung habe ihr auch deshalb viel bedeutet, weil es ein wichtiges Zeichen sei, dass die internationale Gemeinschaft die Menschen vor Ort nicht vergessen habe.

Ein Meilenstein für das Völkerrecht: sexualisierte Gewalt als systematische Folter anerkannt

Als Rechtsberaterin am ICCHR begleitet Joumana Seif Überlebende von staatlicher Gewalt, Folter und sexualisierter Gewalt in internationalen Gerichtsprozessen. Im Rahmen des sogenannten Al-Khatib-Verfahren vor dem Oberlandesgericht Koblenz trug sie dazu bei, dass 2022 erstmals hochrangige Mitarbeiter des Assad-Regimes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt wurden. Dass dabei auch sexualisierte Gewalt als systematische Folter anerkannt wurde, ist ein Meilenstein für das internationale Völkerrecht.

Zwischenmenschliche Nähe in Joumanas Arbeit

Joumana betont, dass es ihr im Kontakt mit den Menschen, die sie rechtlich berät, nicht nur um juristische Erfolge geht. Für viele der Frauen sei vor allem der zwischenmenschliche Kontakt und das Verständnis, das sie ihnen entgegenbringt, enorm wichtig. Über das Erlebte in Syrien hinaus geht es dabei auch oft um die Erfahrung, als Geflüchtete Person in Deutschland anzukommen. Joumana ist eine willkommene Gesprächspartnerin für Menschen, die sich in einer neuen Umgebung zurechtfinden müssen oder mit anderen Schwierigkeiten des Alltags konfrontiert sind.

Gegenseitige Unterstützung ist entscheidend

Hier kann  das Frauenzentrum Paula Panke mit seinen Beratungs-, Gewaltschutz- und EmpowermentAngeboten auf lokaler Ebene gut anknüpfen. Denn auch Paula Panke versucht sich den verschiedenen Themen, die Frauen beschäftigen, durch einen oft persönlichen und biografischen Zugang zu nähern. Zum einen geschieht das durch themenspezifische Veranstaltungen wie die Nachbarschaftsgespräche oder Paula-Talks, zum anderen durch längerfristige Angebote wie den Lotsinnendienst für geflüchtete Frauen oder die Interkulturelle Frauengruppe.  Der Austausch mit Joumana hat uns verdeutlicht, wie wertvoll Formate sind, in denen verschiedene Frauen ihre Erfahrungen miteinander teilen und sich die Hand reichen und sich gegenseitig stärken können.

Netzwerke der Frauensolidarität

Feministische Solidarität fördern – das ist Paula Panke in der Zusammenarbeit mit anderen lokalen Akteur*innen und überregionalen Kooperationspartner*innen besonders wichtig. Deshalb informieren wir immer wieder über verschiedene Frauenbewegungen – von Berlin bis in die ganze Welt. Der Austausch mit lokalen Gruppen ist enorm bereichernd, wie auch Treffen mit aktiven Frauen wie Joumana. Wir danken ihr sehr herzlich dafür, dass sie sich für den Besuch Zeit genommen hat. Für die Zukunft haben wir vereinbart, mehr über die Situation der Menschen in Syrien zu berichten und uns gemeinsam solidarisch zu unterstützen.

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