Gedenken an Femizid in Pankow

Geschichte

Wer denn eigentlich Paula Panke sei, fragte Anfang der 1990er ein Berliner Journalist, und ob sie etwas mit dem legendären Paule Panke zu tun hätte. Paule Panke war ein Lehrling, von dem André Herzberg Anfang der 1980er Jahre mit seiner Ostberliner Band Pankow sang. Ein junger Mann, der nicht so recht in den Rahmen des sozialistischen Alltags und folglich auch nicht der Obrigkeit zu passen schien. Als Tonträger erschien die Rockoperette erst 1989, da sie die staatliche Zensur der DDR nicht passieren konnte.

Das Unangepasste des Lehrlings und der Band gefiel den Gründerinnen des Frauenzentrums, die 1990 in Zeiten enormer gesellschaftlicher Umbrüche am ´Runden Tisch´ des Bezirkes Pankow saßen. Die Figur Paule Panke hatte mit ihrem Leben und ihrem Wohnort zu tun. Die Frauen fanden sich in den Songs wieder und überlegten, wie es kam, dass Paule so rebellisch war und schlossen auf seine große Schwester Paula. Sie fanden, dass Paula Panke daher ein würdiger Name für das Frauenzentrum mitten im Herzen von Pankow sei.

Der Sitz des Frauenzentrums befand sich in den ersten Jahren in der Schulstraße 6 in einem alten, abgewohnten Jugendstilhaus in der obersten Etage. Wer sich beraten, informieren oder helfen lassen wollte, musste erst sechs Treppen steigen. Nach Gründung des Frauenzentrums im Jahre 1990 war der Bedarf nach Orientierungshilfe und Unterstützung bei den Ostberliner Frauen so groß, dass sie bis auf die Schulstraße hinaus Schlange standen. Viele hatten ihre Arbeit verloren, andere wussten nicht, wo sie ihre Kinder lassen sollten, wenn sie abends als Krankenschwester oder Eisenbahnerin zur Schicht mussten. Einige waren von häuslicher Gewalt betroffen. Rechtsanwältinnen, Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen standen und stehen den Frauen bis heute mit ihrem Wissen zur Verfügung.Chancengleichheit, gesellschaftliche Partizipation und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind bis heute Kern der Paula-Panke-Philosophie.

Mit Hilfe der Robert-Bosch-Stiftung gründete Paula 1992 das Projekt „Wunschgroßeltern“. Als die Geldquelle versiegte, entwickelte sich daraus mit der finanziellen Unterstützung des damaligen Arbeitsamtes Nord das flexible Kinderbetreuungsprojekt. Frauen über 50, die wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten, betreuten die Kinder von alleinerziehenden Müttern, die wiederrum erwerbstätig waren oder sich weiterbilden konnten. Die Betreuung fand statt, wenn der Kindergarten oder Hort schon geschlossen oder am Morgen noch nicht geöffnet sind. 2011 musste das Modell-Projekt einer flexiblen in häuslicher Umgebung eingestellt werden. Hintergrund war der Regierungswechsel und die Beendigung des Öffentlichen Beschäftigungssektors in Berlin.

Von Anfang an waren die Räume des Frauenzentrums ein Ort des Austauschs und der Gemeinschaft aller Altersgruppen, die in den vielfältigsten Situationen und Formen leben und arbeiten. Frauen gründen Gruppen zu bestimmten Themen oder treffen sich zum Frühstück, um dabei soziale Netzwerke aufzubauen. In Kursen können Frauen sich weiterbilden, künstlerisch aktiv werden, Sprachen lernen oder auf alternativem Weg für ihre Gesundheit sorgen. Die Abendveranstaltungen widmen sich Themen aus Politik, Gesellschaft, Kunst und Kultur aus weiblicher Perspektive.

 Ein weiteres wichtiges Anliegen von Paula ist die Anti-Gewalt-Arbeit. Neben der Beratung für Frauen in Gewaltsituationen bietet Paula seit 1994 Frauen mit Kindern Zuflucht in einer anonymen Wohnung. Dort können die Frauen in Ruhe ihre Situation überdenken und nach neuen Perspektiven suchen.

Im April 2005 hat Paula Nachwuchs bekommen. In Weißensee entstand der Paula-Laden, der in etwas kleinerem Rahmen Beratungen, Gruppen und Veranstaltungen anbietet.

Als Tochter des Herbstes 1989 liegt das Politische in den Genen von Paula. Sie hat viele verbündete Frauen gefunden – im Pankower Frauen – Arbeitskreis, im Berliner Frauennetzwerk ebenso wie unter Berliner Parlamentarierinnen. Gemeinsam wehrte sie sich mit ihnen gegen die Kürzungen und sogar Schließung von Frauenprojekten.

Paula sieht über den Tellerrand. Sie ist dabei, wenn es um Aktionen gegen eine Politik des Sozial- und Demokratieabbaus geht, die Frauen in ihrer Lebenssituation bedrohen und sie in staatliche oder private Abhängigkeit zurück werfen und sie positioniert sich gegen rechte Gewalt.

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