Ablauf des Frauen*redeclubs “Reden wie Rosa”, Foto: Paula Panke

„Reden wie Rosa“ – Was ich beim Redeclub für Frauen gelernt habe

von Linda Davis

Seit September 2020 findet im Frauenzentrum Paula Panke der Frauenredeclub „Reden wie Rosa“ statt.

„Reden wie Rosa“ möchte Frauen stärken, selbstbewusster öffentliche Bühnen zu betreten. Er ist vom Konzept her inspiriert von dem Prinzip der Toastmasters-Clubabende, bei denen nach einer klaren Struktur verschiedene vorbereitete und spontane Reden gehalten werden und die Teilnehmer*innen bestimmte Rollen besetzen.

Beim letzten Zusammentreffen des Redeclubs, das noch in Person und nicht per Zoom stattfand, war ich als Praktikantin von Paula Panke auch dabei um mir anzuschauen, was dort eigentlich passiert und wie man lernen kann, gut und frei vor anderen zu reden.

Die Inspiration kommt von Rosa Luxemburg

Namentlich ist der Redeclub inspiriert von Rosa Luxemburg, die nicht nur dafür berühmt ist, eine wichtige Vertreterin demokratisch-sozialistischen Handelns und Denkens zu sein, sondern auch als starke und beeindruckende Rednerin.
Das Ziel des Redeclubs ist also klar: In einer wertschätzenden Atmosphäre zu lernen, überzeugend frei reden zu können, Führungs- und Moderationskompetenzen zu entwickeln und selbstbewusster vor Publikum aufzutreten. Und das unter Frauen, die alle voneinander lernen wollen und sich dabei von den anderen unterstützen und inspirieren lassen möchten.

Strukturierte Abläufe und viele Möglichkeiten, mitzumachen

Wie bei den Toastmasters-Clubabenden hat auch der Redeclub für Frauen einen relativ klaren und strukturierten Ablauf: Zuerst werden verschiedene Rollen verteilt: Es gibt zum Beispiel eine Zeitnehmerin, eine Zuhörerin, eine Äh-Zählerin, eine Gesten-Beobachterin und eine Schöne-Wörter-Sammlerin. Dann halten drei Frauen nacheinander eine kurze Rede, die zwischen fünf und sieben Minuten lang sein darf. Nach einer kurzen Pause gibt es Raum für Stegreifreden. Das bedeutet, dass alle Frauen, die bisher noch nicht vor den anderen geredet haben, eine kurze, mindestens einminütige und spontane Rede zu einem vorgegebenen Thema halten dürfen. Danach folgen Feedback-Reden zu den ersten drei vorbereiten Reden.

Wertschätzendes Feedback ist wichtig

Nach einem kurzem Ankommen und einer Vorstellungsrunde wird zuerst noch einmal darüber gesprochen, wie gutes Feedback gegeben werden kann: Am besten so konstruktiv wie möglich, lieber beschreibend als bewertend, möglichst konkret und in Ich-Form. Im Verlauf des Abends merke ich, dass alle Frauen wirklich gut darin sind, auf eine wertschätzende, respektvolle und freundliche Art Feedback zu geben. Selten habe ich Gruppen erlebt, in denen die Ansprüche an gutes Feedback so gut umgesetzt wurden und gleichzeitig aber auch das Gefühl entstand, dadurch etwas gelernt und für sich selbst mitgenommen zu haben.

 

Tipps für ein gutes Feedback, Foto: Paula Panke

Mit ‚Eisbrecherreden‘ fangen alle an

An diesem Abend sind zwei Frauen mit ihrer ‚Eisbrecherrede‘ dran, das heißt, das ist ihre erste Rede, die sie vor der Gruppe halten werden. Ich bin beeindruckt, wie souverän sie ihre Reden trotz anfänglicher Nervosität halten und wie es beiden auf sehr unterschiedliche Weise gelingt, die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörerinnen zu bekommen.

Nach jeder Rede dürfen alle auf kleinen Zetteln ein kurzes Feedback verfassen und aufschreiben, was ihnen besonders gut gefallen hat und was sie sich für die nächste Rede noch zusätzlich wünschen würden.

 

Kathrin hält eine Rede, Foto: Paula Panke

Reden halten ist gar nicht so einfach!

Nach einer kurzen Pause ist es dann Zeit für die Stegreifreden. Hierfür zieht diesmal nacheinander jede Frau einen kleinen Zettel mit einem Sprichwort, zu dem sie dann eine Minute spontan reden darf, was sie möchte. Jetzt bin ich auch dabei und darf eine kurze Rede halten. Obwohl ich eigentlich immer dachte, dass ich ganz gut reden kann, merke ich, dass es doch gar nicht so einfach ist. Ich bin plötzlich doch nervös, weiß gar nicht mehr so genau, was ich eigentlich sagen soll und ob das alles Sinn ergibt, was ich erzähle. Dadurch bin ich noch beeindruckter von den Frauen, die sich zu Beginn getraut haben, über fünf Minuten frei vor Publikum zu reden.
Ich bin froh, als die Minute vorbei ist, gleichzeitig aber auch stolz, mich getraut zu haben. Und ich habe das Gefühl, dadurch jetzt schon einiges über das Reden halten gelernt zu haben.

Wie wichtig bei „Reden wie Rosa“ nicht nur das Reden, sondern auch das Feedback ist, merkt man zum Schluss noch einmal. Es wird sich besonders viel Zeit für einzelne Feedbackreden genommen, dafür, die verschiedenen Rollen, die zu Beginn verteilt wurden, auszuwerten und die Feedbackzettel zu verteilen, die fleißig ausgefüllt wurden. Auch ich bekomme ein paar Feedbackzettel für meine kurze Rede und merke, wie schön und bestärkend es ist, eine positive Rückmeldung zu bekommen.

 

Sandra hält eine Rede, Foto: Paula Panke

Ein wichtiger Raum für Frauen wird geschaffen

Am Ende des Abends bin ich ziemlich beeindruckt. Ich bin vor allem beeindruckt von der Gruppe, ihrem wertschätzenden und offenen Umgang miteinander und von dem Mut der Frauen, eine freie Rede vor allen anderen zu halten. Ich merke, was für ein schöner und sicherer Raum mit dem Redeclub geschaffen wurde, in dem Frauen sich ausprobieren und weiterentwickeln können, ohne Angst haben zu müssen, unterbrochen, kritisiert oder nicht ernstgenommen zu werden. Und ich merke, dass es doch gar nicht so einfach ist, eine Rede zu halten. Aber wahrscheinlich gibt es kaum einen besseren Ort für Frauen dafür, es zu üben als „Reden wie Rosa“.

Der Redeclub „Reden wie Rosa“ findet weiterhin statt, derzeit auf Zoom.
Interessierte Frauen mit und ohne Redeerfahrung sind jederzeit willkommen. Weitere Informationen gibt es auf unserer Webseite und auf unserer Facebook-Seite.

Nächste Termine: siehe Veranstaltungskalender

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